Neben der Arbeit als Sexual- und Lebensberaterin und Sexologin habe ich zwischen 2006 und 2021 auch Artikel zum Thema Sexualität für unterschiedliche Zeitschriften.
Hier sind Berichte aus dem monatlich erscheinenden Lifestyle-Magazin "Oberösterreicherin":
Nach wie vor reden wir wenig über Sexualität im Alter. Auch nicht die Generation 50plus selbst. Das hängt damit zusammen, dass die heute über 65-Jährigen – obwohl großteils zu Zeiten der sexuellen Revolution im Rahmen der Studentenbewegung 1968 erwachsen geworden – mehrheitlich noch von der Prüderie der 1950er Jahre geprägt sind. Damals spielte Sex im öffentlichen Diskurs keine Rolle. Ansonsten ist, wenn überhaupt dann nur schamhaft über Sex geredet worden. Oft aus religiösen Gründen hat darüber hinaus die stille Übereinkunft gegolten: „Sex ist in Ordnung, wenn er der Fortpflanzung dient, aber ist die reproduktive Phase im Leben vorbei, hat man keinen Sex mehr zu haben.“ Und über das, was man nicht haben darf, wird eben eher geschwiegen.
Aus dem Leben: Sabine, 60J.
„Ich war lange verheiratet und hab drei erwachsene Kinder. Mein Mann hat sich vor 5 Jahren von mir getrennt – wir hatten am Beginn unserer Jahre guten Sex, die letzten Jahre der Ehe keinen mehr. Vermisst habe ich das schon, aber nach dem Wechsel hatte ich Schmerzen und die Freude daran verloren. Jetzt bin ich seit 3 Monaten verliebt und komme mir vor wie mit 20. Ich hab´ Schmetterlinge im Bauch und lustvollen Sex. Ich habe von meiner Ärztin eine hormonhaltige Salbe verschrieben bekommen und pflege mein Genital mit Cremes. Ich genieße bei unseren Begegnungen die zärtlichen Berührungen am ganzen Körper und nach dem Sex gehalten zu werden; da sind wir uns sehr nah. Mein Partner ist 59 Jahre und bekommt auch ab und zu keinen steifen Penis oder verliert die Erektion wieder. Das macht nichts – wir finden auch andere Spielarten des Genusses. Er nimmt auch ein Potenzmittel, wenn es passt. Ich halt die Beziehung geheim. In den Köpfen meiner Umgebung gelte ich schon als geschlechtsloses Neutrum, das mit einem Kuss auf die Wange schon die Grenze des gesellschaftlich Tolerierten erreicht hat. Ich habe keine Lust auf abwertendes Gerede, schon gar nicht in dem Chor, in dem ich schon lang mitsinge.“
Sexualität kennt kein Alter.
Eigentlich dürften wir in unserer Gesellschaft ja gar nicht altern. Tun wir aber! Das Gute daran: Das Bedürfnis nach Sexualität kennt keine Altersgrenze. Lust und Liebe sind nicht an ein Geburtsdatum oder einen makellosen, faltenfreien Körper gebunden. Wir sind sexuelle sinnliche Wesen von Geburt bis zum Tod! Wenn es um Sexualität geht, existieren keinerlei Vorschriften was richtig ist. Es darf aber auch kein Druck entstehen, immer “zu wollen” oder “zu müssen”. So wie sich die emotionale Beziehung zwischen zwei Menschen im Laufe der Jahre und Jahrzehnte verändert, so verändert sich auch ihre Sexualität. Und auch wenn sich der Körper in seiner sichtbaren Erscheinung und den dahinterliegenden nicht sichtbaren (aber spürbaren) Prozessen verändert, bedeutet das noch lange nicht, dazu gezwungen zu sein, Probleme mit der Sexualität als unabänderliche Alterserscheinung hinzunehmen – es gibt Hilfsmittel.
Rein organisch verändert sich die Sexualität beim Älterwerden dadurch, dass zahlreiche Hormone und Botenstoffe nach und nach abgebaut werden. Zwar bleibt die Genuss- und Orgasmusfähigkeit bis ins hohe Alter erhalten, dafür kann es aber zu anderen Problemen bei der Sexualität kommen.
Bei der Frau verringert sich Östrogen, Progesteron und Testosteron. Die Genitalien werden dadurch schlechter durchblutet, das genitale Lustempfinden sinkt. Die Scheide wird trockener, es kann zu Erregungsstörungen, Lustlosigkeit und schmerzhaften Geschlechtsverkehr kommen. Lokal aufgetragene Cremen oder Gels können die Durchblutung und damit die Erregung fördern bzw. die Gleitfähigkeit in der Vagina verbessern. Bei Hormonmangel kann frau, falls keine Kontraindikationen bestehen, die fehlenden Hormone von Arzt/Ärztin verschrieben als Gel oder in Tablettenform ersetzen.
Beim Mann kommt es durch den Abbau von Testosteron ebenfalls zu einer verringerten genitalen Durchblutung und damit zu einem reduzierten Lustempfinden bzw. Erektionsproblemen. Da gibt es zahlreiche Hilfsmittel, die in Absprache mit Arzt/ Ärztin probiert werden können (Billige Potenzmittel aus dem Internet gefährden Ihre Gesundheit).
Was das Bedürfnis nach Sex beeinflusst
Eine häufige Ursache von Problemen beim Sex ist das „metabolische Syndrom“ (gestörter Zuckerhaushalt, Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht, Fett Anlagerung, vor allem am Bauch, Bluthochdruck), das neben anderen Schädigungen des Körpers eine enorm negative Auswirkung auf Blutgefäße, Hormonhaushalt und damit auf die Sexualität hat. Ausreichende Bewegung und gesunde Ernährung können dem entgegenwirken! Schmerzen, Erkrankungen, körperliche Einschränkungen und Medikamente können ebenfalls störend auf die Sexualität wirken, psychische Komponenten und Probleme in einer Partnerschaft ebenfalls das Bedürfnis nach Sex gegen null reduzieren.
Wer auch im fortgeschrittenen Alter sexuell aktiv bleiben möchte, für den gilt es, sich selbst als sexuelles Wesen wahrzunehmen und sich darum zu kümmern. Sex in den reiferen Jahren ist nicht schlechter als Sex in jungen Jahren. Er ist anders. Ein Leben lang können wir Neues lernen und auch Sexualität für uns passend verändern und gestalten. Bei Fragen helfe ich in meiner Praxis gerne weiter.
Filmtipp: "Meine Stunden mit Leo" mit Emma Thompson und Daryl McCormack; Kinostart: 14.7.2022; Dauer: 97 Min.; Genre: Komödie.
Frauen suchen den Versorger und Partner fürs Leben, Männer dagegen sexuelle Abenteuer. Frauen geht die feste Bindung über alles, Männer gehen fremd – so gängige Thesen, die jetzt durch neuere Forschungen erschüttert werden.
Die Lust der Frauen ist durch und durch animalisch. Das behauptet Daniel Bergner in seinem Buch „Die versteckte Lust der Frauen“, in dem er die neuesten Erkenntnisse zur Sexualität der Frau zusammengetragen hat. Das Buch hat weltweit hohe Wellen geschlagen. Zu Recht, denn einige der Thesen sind prekär: Frauen hätten kein sonderliches Talent zur Monogamie und seien mindestens genauso triebgesteuert wie Männer. Auch mit dem Bild der Frau, die ihre Sexualität lediglich dafür einsetzt, einen Partner fürs Leben zu finden, räumt Bergner auf. Fest steht: Das weibliche Begehren ist wilder und vielseitiger als bisher angenommen. Susa Haberfellner mit ein paar erstaunlichen Wahrheiten über die komplexe Lust der Frau.
Die Frau als das lustlosere und sexuell passive Geschlecht – ein Mythos?
Eindeutig, ja. Frauen haben nicht weniger Interesse an Sex als Männer und das weibliche Geschlecht ist in keinster Weise das passive, wenn es um das Initiieren von Sex geht. Sie sind nur anspruchsvoller in Sachen Sex als Männer. Wenn Frauen keine Lust auf Sex haben, ist es klug zu fragen: „Worauf genau nicht?“ Die Frage ist auch, ob Frauen ihre selbstbestimmte Sexualität genauso hemmungslos und offensiv leben (können/dürfen) wie Männer. Bei allerAufklärung haben wir noch viele Tabus, Vorbehalte und erhobene Zeigefinger, wie „Das macht man nicht!“ oder „Das gehört sich nicht!“, von denen wir uns erst noch befreien müssen.
Die weibliche Lust ist sehr komplex, gilt noch immer als Mysterium. Welche Faktoren beeinflussen sie?
Neben Impulsen wie Berührungen oder Erinnerungen sind es vor allem Fantasien, Hormone und optische Reize, die das Begehren steuern. Eine große Rolle in puncto Lust spielt auch der Eisprung. Um ihn he- rum finden Frauen meist Männer mit markantem Kinn, breitem Kiefer und kräftigen Augenbrauen anziehend – Männer mit Attributen, die auf einen hohen Testosteronspiegel schließen lassen. In den restlichen Zyklusphasen bevorzugen Frauen eher den weicheren Männertyp, den liebevollen Versorger.
Der Mann als Fremdgeher, die Frau als die Hüterin der Monogamie – ist das zeitgemäß?
Es scheint zwischen Männern und Frauen eine insgeheime Absprache zu geben: Männer wollen glauben, dass Frauen weniger fremdgehen – und Frauen wollen sie in diesem Glauben lassen. Anthropologen vermuten aber, dass die Genvielfalt, die notwendig ist, um unsere Gattung zu er- halten, nicht über die Promiskuität (Anm. Sexualverhalten, welches durch häufige Partnerwechsel gekennzeichnet ist) der Männer zustande kommt, sondern über die der Frauen. Zum Thema Monogamie ist noch zu sagen, dass lebenslanger Sex mit demselben Partner heute schwieriger ist als früher, als man nicht älter als 40 Jahre alt wurde. Mary Bauermeister, eine deutsche Künstlerin, meinte einmal: „Für mich ist Monogamie eine unglaublich großartige Kulturleistung. Hut ab, wer das schafft. Aber es ist nicht die Natur.“
Was sagt die Biologie?
Die These, dass Frauen keineswegs monogame Wesen sind, erhält Unterstützung von Primatenforschern. Bei den Rhesusaffen geht jede Form der sexuellen Interaktion von den Weibchen aus, die Männchen erwidern lediglich die Einladung der Weibchen. Von wegen passives Geschlecht also! Wissenschaftler leiten von Primaten Erkenntnisse über die Lust der Frau ab: Die Libido von Frauen scheint einem ähnlichen Muster zu folgen.
Die meisten Menschen wünschen sich, dass eine Beziehung ihnen alles bietet: emotionale Heimat, Stabilität – und auch sexuelle Erfüllung. Kann eine Person langfristig alle diese urmenschlichen Bedürfnisse befriedigen?
Es ist ganz natürlich, dass sich zwei Menschen im Laufe der Zeit sexuell voneinander entfernen. Ist man frisch verliebt, spielen Unterschiede keine Rolle. Erst nach einer Weile stellen wir fest, dass wir verschieden sind. Manches passt, manches wird hingenommen, anderes passt überhaupt nicht. Das Problem ist, dass viele Menschen auch in langen Beziehungen noch dasselbe erwarten wie in der Verliebtheitsphase: dass Sex spontan passieren muss, zum Beispiel. Da können Sie aber lange darauf warten ...
Wie können Lust und Leidenschaft in Langzeitbeziehungen aufrechterhalten bzw. wiederbelebt werden?
Wichtig ist zu wissen, dass Männer und Frauen unterschiedlich auf sexuelle Reize reagieren. In längeren Beziehungen verhält sich die Frau sexuell neutral, und die Motivation, in die Lust einzusteigen, kann das Bedürfnis nach Emotionen und Nähe sein. Für Lust muss man Räume schaffen, d.h. aktiv werden. Nicht jede sexuelle Flaute bedeutet übrigens, dass die eigene Sexualität gestört ist. Viele Paare genießen die Zweisamkeit und die Vertrautheit auch mit wenig Geschlechtsverkehr. Erst wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Unlust Leid verursacht, oder wenn z.B. Schmerzen beim Sex auftreten, sollten Sie reagieren. Eine Beratung kann
hier helfen.
Daniel Bergner: „Die versteckte Lust der Frauen. Ein Forschungsbericht“, Knaus, ISBN 978-3- 8135-0615-0